Bestseller Nr. 1 in Historische Romanzen der Regentschaftszeit
Aus dem Englischen “The Duke of the Moors” von Audrey Ashwood, in Zusammenarbeit mit Jenny Foster / Emmi West.

Eine unschuldige Frau am Rande des Ruins.
Ein Duke, so finster wie das Moor, über das er gebietet.
Als Catherines reicher Onkel sie nach Jahren der Missachtung auf seinen Landsitz einlädt, ist sie mehr als überrascht. Nur auf Drängen ihrer Mutter, die hofft, dort einen Gatten für ihre Tochter zu finden, akzeptiert Catherine und sie reist zu dem abgelegenen Haus in den Yorkshire Moors.
Es dauert nicht lange, bis ihr Onkel Catherine seine Gründe für die Einladung offenbart: Sie muss das Herz des legendären, ansässigen Duke des Moors erobern. Unzählige Gerüchte ranken sich um seine nächtlichen Ausritte über das Moor und ebenso viele Rätsel umgeben ihn.
Doch der Mann, den sie um der Familie willen umgarnen soll, behandelt sie mit eisiger Kälte.
Eine mitternächtliche Begegnung ändert alles. Der finstere Duke lässt Catherine mit aufblühenden, verwirrenden Gefühlen zurück. Seine Augen, die sie nicht mehr loslassen, seine Berührung und vor allem seine rätselhafte Vergangenheit fesseln sie mehr, als sie zugeben darf. Sie will und muss herausfinden, warum er sich Nacht um Nacht aus dem Haus schleicht!
Erst als ein ungeheuerlicher Verdacht sie beschleicht, ahnt Catherine, dass die schreckliche Wahrheit über ihn noch viel bedrohlicher ist als all die Gerüchte …
Wird sie die wahre Liebe finden oder wird der Duke des Moors ihr Untergang sein?
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Leseprobe:
»Catherine!«, kreischte ihre Mutter mit sich überschlagender Stimme und weit aufgerissenen Augen. »Catherine! Was ist passiert? Sind die Pferde durchgegangen? Sind wir auf der Flucht?«
Die Kutsche raste über den dunklen Waldweg, während Miss Catherine Elizabeth Conolly angestrengt aus dem Fenster in die schwarze Nacht starrte. Im Schein der Kutschenfackeln zeichneten sich berittene Figuren ab, die aus den Schatten auftauchten und nun Kutscher und Reitknecht bedrohten.
Catherine wollte ihrer Mutter nicht die Wahrheit sagen. Was gerade geschah, war zu furchterregend, um es laut auszusprechen, doch sie hatte keine andere Wahl. Ihr Herz schlug wild in ihrer Brust und sie konnte kaum atmen vor Angst – und Bedauern.
Während sie versuchte, die Szenen zu verarbeiten, die sich bei halsbrecherischer Geschwindigkeit vor dem Kutschenfenster abspielten, klammerte sie sich an ihren Sitz. »Wir hätten uns niemals so spät am Tag auf den Weg machen dürfen. Ich wünschte, wir wären mit dem ersten Tageslicht aufgebrochen«, brachte sie hervor, während die Kutsche über Steine rumpelte und zunächst gefährlich weit in die eine und schließlich in die andere Richtung schwankte. Sie wünschte, die Pferde wären durchgegangen. Sich in einer Kutsche zu befinden, deren Pferde ungezügelt galoppierten, wäre sicherlich dem Schicksal vorzuziehen, das sie und ihre Mutter erwartete.
»Kannst du etwas erkennen? Es ist so dunkel dort draußen – ich sehe kein Licht. Sind die Fackeln erloschen?«
»Mutter, ich weiß es nicht! Eine brennt noch, aber mir gefällt nicht, was ich in ihrem Schein ausmachen kann.«
Die Kutsche machte einen Satz und warf die beiden Frauen aus den Sitzen.
Catherine keuchte auf. Ihre Mutter rief: »Oh! Wir werden uns noch das Genick brechen, wenn wir nicht bald anhalten!«
»Ich würde mir lieber das Genick brechen und einen schnellen Tod sterben, als das Schicksal zu erleiden , das uns erwartet …« Catherine krabbelte zurück auf ihren Sitz. Sie spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich, und ihre Kehle fühlte sich eng und trocken an.
»Was ist es? Was siehst du dort draußen?«
»Banditen«, antwortete Catherine, die die furchtbare Wahrheit nicht länger vor ihrer Mutter verbergen konnte. »Wir werden von Straßenräubern angegriffen!«
»Gott bewahre uns!«, jammerte ihre Mutter, als die Kutsche einen erneuten Satz machte und dann mit einem Mal zum Stillstand kam.
Catherine kontrollierte die Verriegelung, um sicherzugehen, dass beide Türen fest verschlossen waren. Sie fürchtete sich vor dem, was geschehen würde, sollten sie und ihre Mutter von diesen Halsabschneidern gefasst werden, die sie auf den Pferden gesehen hatte. Ihre Mutter zitterte. Tränen waren in ihre Augen getreten. Catherine unterdrückte den Drang, ebenfalls zu weinen, und versuchte stark zu bleiben, doch ihre Angst drohte sie zu überwältigen. Mit jeder Stimme und jedem Laut, den sie von draußen vernahm, zuckte sie zusammen. So panisch und ängstlich musste sich eine Feldmaus fühlen, die von einer Katze gejagt wurde.
Ihre Mutter weinte noch immer und betete: »Lieber Gott, rette uns. Rette uns vor diesen Teufeln auf der Straße. Beschütze meine Tochter, damit sie nicht von diesen elenden Verbrechern geschändet wird!«
Catherine schlang die Arme fest um ihre Mutter. Sie wünschte sich im Stillen, diese Strauchdiebe würden nehmen, was sie wollten, und sie und ihre Mutter in Frieden lassen. Ein Schuss fiel. Durch das schmale Kutschenfenster drang ein Lichtblitz. Sie betete für den Kutscher und den Pferdeknecht, ohne zu wissen, ob es womöglich schon zu spät für sie war.
»Catherine!«, stieß ihre Mutter hervor. »Es ist vorbei. Sie werden uns töten!« Leise weinend verbarg sie ihr Gesicht in Catherines Umhang.
Catherines Atem ging stockend und sie spürte, wie sich ihr Korsett bei jedem quälenden Atemzug in ihre Haut grub. Wenn der Kutscher und der Pferdeknecht bereits tot waren – erschossen am Straßenrand –, welche Hoffnung blieb dann noch für sie und ihre Mutter? Welche Chance hatten zwei Frauen gegen skrupellose Männer?
Zu ihrem Schrecken sah sie, wie sich ein Schatten dem Kutschenfenster näherte. Jemand rüttelte an der Tür und Catherine schrak zurück. Sie wünschte sich, sie und ihre Mutter könnten mit der Dunkelheit verschmelzen. Doch es war zu spät. Das Licht einer Fackel fiel durch das dünne Scheibenglas und erhellte ihr Gesicht, während ihre Mutter unkontrolliert schluchzte. Catherine wandte sich von dem grellen Licht ab.
»Raus aus der Kutsche!«, verlangte der Mann auf der anderen Seite der Tür lautstark.
Catherine hörte ihre Mutter flüstern: »Nicht! Bleib bei mir! Sie werden uns töten, sobald wir die Kutsche verlassen …«
Starr vor Angst verharrte Catherine, bis der Mann wieder an der Tür rüttelte.
»Ich habe gesagt: Raus da! Habt ihr mich nicht gehört?« Die Stimme des Mannes kam aus voller Kehle und klang bedrohlich. »Verlasst die Kutsche oder ich reiße die Tür aus den Angeln!«
Was sollte sie nur tun? Panik und Unentschlossenheit hielten sie in einem eisernen Griff, während ihre Mutter ihr ins Ohr zischte: »Öffne … bloß nicht … die … Tür!«
Die Fackel verschwand hinter dem Fenster. Kurze Zeit später war ein hartes Hämmern an der dünnen Kutschentür zu hören, gefolgt von einer tiefen, maskulinen Stimme: »Kommt sofort heraus oder ich zerschieße das Schloss und ziehe euch eigenhändig aus der Kutsche! Ich garantiere euch, das wollt ihr nicht, und es wird nicht gut für euch enden, wenn ich kommen muss, um euch zu holen!«
»Catherine!«
»Mutter, wir haben keine Wahl!«
Der Mann schlug erneut gegen die Tür. Catherine zitterte und ihre Mutter bat sie inständig: »Catherine, hier in der Kutsche sind wir sicher. Bitte!«
»Nein, Mutter … sie wissen offenbar, dass wir allein sind. Wir sind hier drinnen nicht sicher … und auch nicht dort draußen«, sagte sie, als die Tür in ihren Angeln erzitterte.
»Ich verliere die Geduld mit euch zwei feinen Ladys. Das ist eure letzte Chance. Kommt sofort da raus! Ich zähle bis drei. Wenn ich euch bei drei nicht sehe, hole ich euch eigenhändig.«
Der Fremde begann zu zählen. Er war noch nicht bei zwei angekommen, als Catherine mit dünner Stimme flehte: »Wir kommen – erschießt uns nicht.«
Sie griff nach dem Riegel, aber ihre Hand zitterte so stark, dass sie ihn kaum zu fassen bekam. Unterdessen versuchte ihre Mutter, sie zurückzuhalten, doch vergebens. Wenig später öffnete sich die Tür mit einem Klicken, das im Inneren der Kutsche widerhallte. Catherine schloss die Augen, als könnte sie diesen Augenblick durch schiere Willenskraft vorbeiziehen und ihn als einen gewöhnlichen Albtraum erscheinen lassen.
Als sie ihre Augen wieder öffnete, war es Gewissheit, dass sie nicht schlief und dass es kein Albtraum war, der sie und ihre Mutter heimsuchte.
Ein großer Mann stand dort draußen und starrte sie an. Seine untere Gesichtshälfte war mit schwarzem Stoff verhüllt. Er trug einen ebenso schwarzen Hut und eine Maske über den Augen. Catherine schob sich vorwärts und setzte einen Fuß auf die oberste Stufe. Was als Nächstes kam, hatte sie nicht erwartet. Anstatt sie aus der Sicherheit der Kutsche zu zerren und sie auf den kalten, feuchten Boden zu stoßen, hielt der Mann ihr seine Hand hin und bot ihr Hilfe an, als sie beinahe stolperte und die letzte Stufe verpasste.
»Vorsicht!«, knurrte er, was Catherine als überraschend galant empfand, hatte sie doch angenommen, ein Schurke stünde vor ihr.
Im Schein der Fackeln sah sie die Augen des Mannes funkeln. Sie waren von einem hellen, blassen Blau … oder waren sie grau? Es war schwer zu sagen. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, als er sie mit seinem Blick durchbohrte. »Sag der anderen, sie soll rauskommen«, forderte er.
»Tu, was er sagt«, drängte Catherine ihre Mutter, die verunsichert ihren Kopf aus der Kutsche herausstreckte. Sie schluchzte, während sie auf unsicheren Beinen die Stufen heruntertappte.
Catherine war erstaunt, als ihre Mutter auf den Banditen zuging und direkt vor ihm stehen blieb. »Was hat das zu bedeuten?«, kreischte sie. »Wollen Sie uns töten … uns ausrauben? Wissen Sie eigentlich, wen Sie es wagenanzugreifen? Ich bin die Frau eines Baronets! Wie können Sie sich erdreisten, solch schändliche Verbrechen an mir und meiner Tochter zu verüben?«
»Ich flehe dich an, Mutter, bitte sei still!«, wisperte Catherine.
Ihre Augen gewöhnten sich allmählich an das dämmrige Licht außerhalb der Kutsche und Catherine sah ihre Annahme bestätigt, dass der große Mann nicht allein war. Die Reiter, die sie vorher nur als schattenhafte Gestalten wahrgenommen hatte, umzingelten nun die Kutsche. Die Umstände waren in etwa so, wie sie befürchtet hatte, aber Erleichterung durchflutete Catherine, als sie sah, dass ihre Bediensteten noch lebten. Der Pferdeknecht blutete an der Stirn und der Kutscher hielt sich den Arm, aber sie waren am Leben. Beide knieten am Straßenrand im Gras, während ein Mann in einem langen Mantel und mit Hut und Maske mit einer Pistole auf sie zielte.
Als Catherine sich zaghaft umsah, zählte sie insgesamt sechs Straßenräuber, alle in ähnlicher dunkler Kleidung und ebenfalls maskiert. Der Bandit, der gedroht hatte, das Schloss von der Tür der Kutsche zu schießen, schien ihr Anführer zu sein. Catherine streckte die Hände nach ihrer Mutter aus und wandte sich an den Mann. »Hören Sie nicht auf sie, sie ist außer sich vor Angst. Sie weiß nicht, was sie sagt.«
»Bring die Alte zum Schweigen oder ihr werdet es beide bereuen«, stieß er gepresst hervor, während seine Männer sich anschickten, die Truhen von der Kutsche zu laden.
Catherine musste untätig zusehen, wie ihre Hüte sowie ihre Kleider eins nach dem anderen achtlos in den Dreck geworfen wurden. Die Männer betatschten die Kleider, lachten und machten anzügliche Bemerkungen. Einer hielt sich ein Kleid an den Körper und rief mit verstellter Stimme etwas, das Catherine nicht dem Inhalt, aber dem Tonfall nach als derben Scherz erkannte. Sie wünschte, sie könnte sich die Ohren zuhalten, und wandte den Blick zurück zu dem Mann, der die Pistole auf ihre Mutter gerichtet hatte. Verzweifelt versuchte sie, sich seine Gesichtszüge einzuprägen. Sollte sie diese Nacht überleben, so schwor sie sich, würde sie dafür sorgen, dass die Verbrecher gefasst und gehängt wurden. Obwohl sie weder eine zur Gewalt neigende noch eine ängstliche Person war, hielt Catherine ihre Mutter umklammert und fürchtete um ihrer beider Leben. Die Furcht, die durch ihre Venen strömte, fachte ihre Rachegedanken an, auch wenn sie in diesem Moment machtlos war.
»Glotz mich weiter so an und ich hau dir eine runter!«, knurrte der Bandit drohend. Als sie nicht reagierte, fuhr er fort: »Schau beiseite, hörst du!«
Catherine tat, wie er verlangte, und drehte sich weg, bemerkte aber im letzten Augenblick, dass eine Strähne seines Haares unter der Hutkrempe herausgerutscht war. Sein Haar war dunkel, vielleicht kohlschwarz, vielleicht dunkelbraun – im Licht der Fackel war das schwer zu sagen. Er war mindestens einen Kopf größer als sie. Angesichts ihres schlanken, schmalen Körperbaus kam sie sich neben ihm wie ein kleines Mädchen vor. Sie betete, dass jedes Detail, das sie sich einprägte, dem Magistrat als Beweis ausreichen würde, um diesen Mann an den Galgen zu bringen.
Ein kalter Wind heulte unheilvoll durch die Bäume, schnitt Catherine durch den Mantel und drang ihr bis ins Mark, während sie ihre Mutter fester an sich drückte. Hilflos zitternd sah sie dabei zu, wie ihre restlichen Habseligkeiten auf die schmutzige Straße geworfen wurden.
»Sie haben nichts, was unsere Zeit wert wäre«, kommentierte einer der maskierten Männer, der gerade eine Truhe in Stücke trat.
»Hier ist nichts!«, grunzte ein anderer. »Nur Frauenkleider … und wer will die schon?«
»Wertloses Gerümpel.«
»Alles alt und schäbig.«
»Wir sollten denen was geben, so armselig, wie die ausgestattet sind.«
»Durchsucht die Kutsche!«, brüllte der Anführer der Bande seinen Männern zu, als die Truhen bis auf den Grund geleert waren.
Catherines Mutter schluchzte. »Es gibt nichts, was ihr stehlen könntet!«, stieß sie gepresst hervor.
Ungeachtet dessen leisteten die Männer dem Befehl Folge. Mit jedem Moment, der verstrich, machte sich ihre Frustration deutlicher bemerkbar. Im Licht der Fackel glaubte Catherine das Blitzen einer Klinge auszumachen. Als sie hörte, wie nacheinander die Sitzpolster aufgeschlitzt wurden, überraschte sie sich selbst, indem sie »Aufhören!« schrie.
Der Bandit, der die Pistole auf ihre Mutter gerichtet hielt, wandte sich zu ihr um. »Aufhören? Du hast hier nichts zu sagen. Verrate uns, wo du deine Juwelen versteckt hast, und du bist uns los.«
»Wir besitzen so viel Schmuck wie Geld, nämlich gar keinen«, erwiderte Catherine, obwohl ihr das Herz bis zum Hals schlug. Würde er ihre Mutter und sie töten, wenn er keine Beute machte? Der Anblick ihrer beiden Bediensteten, die verletzt waren, aber noch lebten, weckte einen Funken Hoffnung in ihrer Brust.
»Zwei Ladys, die in einer Kutsche mit Bediensteten reisen, führen keine Wertsachen mit sich? Das bezweifle ich. Du lügst mich an. Das solltest du nicht tun«, sagte der Bandit ruhig, als er, die Pistole nun auf ihre Brust gerichtet, auf sie zutrat. Seine Hand zitterte nicht und es hatte den Anschein, als wäre es ein alltägliches Erlebnis für ihn, eine Kutsche zu überfallen und die Passagiere zu bedrohen. Was es vermutlich auch war, dachte Catherine und schalt sich selbst eine Närrin, dass sie auch nur einen Funken Hoffnung verspürt hatte, mit dem Leben davonzukommen.
»Lasst uns in Ruhe!«, rief ihre Mutter dazwischen. »Wir haben nichts, was ihr stehlen könntet.«
»Ich denke, sie sagen die Wahrheit«, brummelte einer der Männer abschätzig. Die beiden haben tatsächlich nichts.«
Der Bandit mit der Pistole schüttelte den Kopf.
»Ich wette, sie tragen, was sie besitzen, am Leib. Wir sollten sie durchsuchen«, brummelte einer der Männer abschätzig. Oder war es gierig? In ihrer wachsenden Panik vermochte Catherine nicht, seinen Tonfall zu deuten. Der Mann trat langsam auf sie zu und streckte bereits die Hand nach ihr aus, als der Anführer der Bande ihn zur Seite schubste.
»Finger weg!«, sagte er. Der Nachdruck, mit dem er sprach, duldete keinen Widerspruch. »Ich werde nachsehen.« Mit dem Lauf seiner Pistole schob er Catherines Umhang auseinander. Die Welt begann sich vor ihren Augen zu drehen und ihre Beine drohten, jeden Augenblick nachzugeben. Mit dem letzten Rest ihrer Kraft gelang es ihr, aufrecht stehen zu bleiben. »Was haben wir hier? Ein Kreuz, mehr hast du nicht? Du solltest mir besser sagen, wo ihr eure Juwelen versteckt, oder ich erlaube meinen Männern, dich zu durchsuchen. Das willst du sicherlich nicht.«
»Lasst sie in Ruhe!«, schrie Catherines Mutter, als sie hastig ihre eigene Halskette abnahm – ein ebensolches Kreuz, wie Catherine es trug – und sie dem Räuber entgegenschleuderte. »Nehmt es! Nehmt es! Mehr haben wir nicht. Ich wünschte, wir hätten Koffer voller Juwelen, um eure schändliche Gier zu stillen, aber wir haben nichts anderes.«
Catherines Herzschlag dröhnte in ihren Ohren. Sie war sich sicher, dass das Echo durch die sie umgebenden Bäume donnern musste. Im Dunkeln, das nur durch das schwache Licht der Fackel erhellt wurde, stand sie, eine Pistole auf die Brust gerichtet, während ihre Mutter, halb verrückt vor Angst, im Angesicht unaussprechlicher Gewalt auf einmal trotzig reagierte.
»Wir sollten die Pferde nehmen und mit ihnen abhauen … aber wir sind keine Bande von Pferdedieben, oder, Männer?« Der Anführer der Banditen lachte mit seinem tiefen Bariton.
Catherine sah keinen Unterschied zu dem, was sie taten. Zwei Frauen am Wegesrand zu terrorisieren war keinen Deut besser, als Pferde zu stehlen.
Die Männer fielen in das Gelächter ein.
»Wer will schon diese Gäule?«
»Wir nicht, dafür lohnt es sich nicht zu baumeln.«
»Was ist mit dem Mädchen?«
»Lasst sie in Ruhe. Kommt schon, Männer, hier gibt es nichts zu holen.« Das war er, der Anführer der Bande von Wegelagerern.
»Sir, willst du sagen, hier gibt es heute Abend nichts für uns – nichts für unsere Mühe?«, beschwerte sich der Mann, der seine Pistole auf den Kutscher gerichtet hielt.
»Sie haben nichts, was sich zu stehlen lohnt«, bestimmte der Anführer schließlich. »Die eine ist zu alt und die andere für meinen Geschmack zu dürr und zu hässlich.«
Als Catherine bemerkte, dass ihre Mutter im Begriff war zu protestieren, stieß sie sie mit dem Ellenbogen in die Seite, um sie davon abzuhalten. Es war gut, dass die Männer sie nicht attraktiv fanden, und je weniger ihre Aufmerksamkeit sich auf Catherine konzentrierte, desto besser. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie ihre Mutter den Mund, den sie bereits zu einem weiteren sinnlosen Protest geöffnet hatte, wieder schloss.
»Los, wir verschwinden!«, bestimmte der Anführer. »Wir haben schon zu viel Zeit verschwendet und nichts vorzuweisen.« Er schwang sich auf sein Pferd und nickte seinen Männern zu. Ohne zu murren begannen sie, ihre Lichter zu löschen, indem sie die Flammen durch das Rollen der Fackeln auf dem Boden erstickten. »Wenn ihr das nächste Mal meine Wälder durchquert, erwarte ich, dass ihr das Doppelte von dem bezahlt, was ich für gewöhnlich von Durchreisenden verlange, verstanden? Die Frau eines Baronets sollte bereit sein, für ihre Sicherheit auf der Straße einen angemessenen Wegezoll zu entrichten.«
Die Gefahr für Leib und Leben schien vorbei zu sein, also wagte Catherine es, den Kopf zu heben, um sich ein letztes Mal Einzelheiten seiner Erscheinung einzuprägen. Im zunehmenden Dunkel schien er mit seinem Pferd verwachsen zu sein wie einer jener mythischen Zentauren. Sie glaubte zu sehen, wie er sich mit zwei Fingern grüßend an die Schläfe tippte, bevor er seinen Rappen wendete und mitsamt seinen Genossen davonpreschte.
Die Räuber verschwanden so schnell, wie sie erschienen waren, und ihre Gestalten verschmolzen auf den schwarzen Pferden mit der Nacht.
»Ruiniert! Sieh dir all die Kleider an! In den Matsch getreten …«
Das Jammern ihrer Mutter riss Catherine aus ihrer Starre. Ihr liefen Tränen über die Wangen, als sie sich ihre Habseligkeiten besah, die auf der Straße herumlagen.
Catherine eilte den Dienern zu Hilfe, wohl wissend, dass sie nichts tun konnte, den Zorn ihrer Mutter zu lindern, während die Hufschläge der davongaloppierenden Pferde in der Ferne leiser wurden. Wut verdrängte ihre Erleichterung und sie spürte wieder einmal den Stich ihrer beengten Lebensumstände. Wie konnte dieser Bandit es wagen, laut zu verkünden, was sie bereits wusste! Sie hatten nichts, was es sich zu stehlen lohnte – absolut nichts. Sogar ihre klapperigen Pferde hatten die Gesetzlosen verschmäht – natürlich! Sie seufzte und ihr war bewusst, dass sie lieber ihren – nicht existenten – Schmuck hergegeben hätte, als die beiden treuen Geschöpfe fortzugeben. Während sie versuchte, die Angst und die Verzweiflung abzuschütteln, wuchs ihre Entrüstung und sie hoffte, dass sie dem widerwärtigen Kerl, der es gewagt hatte, sie mit einer Pistole zu bedrohen, ein weiteres Mal begegnen würde.
Allerdings, so hoffte sie, würde das erst bei seiner Hinrichtung der Fall sein.
…
Ende der Leseprobe

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